Afrika: Konflikte und Bergbau als Ursache von Vertreibungen

"Bergbau als Ursache für Vertreibungen…war eine der am wenigsten beachteten Vertreibungsursachen in Afrika, und noch dazu eine die aller Voraussicht nach zunimmt, denn der Abbau von Mineralien blieb eine wirtschaftliche Antriebskraft in der ganzen Region", lautete eines der Ergebnisse eines offiziellen Berichts der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) vom Frühjahr 2006.

Vom Bergbau betroffene Gemeinden in Afrika erfahren, wie in vielen anderen Kontinenten auch, den Horror, den Landaneignungen bedeuten - auf ähnliche oder vielleicht gravierendere Weise als Gemeinschaften, die von Dammbauten und anderen Großprojekten betroffen sind.

Wenn Bergbauverträge vergeben werden, sind lokale Gemeinschaften unmittelbar von Vertreibung und der Veräußerung ihres Landes und dem Verlust ihrer Eigentumsrechte bedroht. Dies sind unvermeidbare Konsequenzen von Großbergbau. Die Vertreibung von Mitgliedern der San-Ethnie aus dem Zentral-Kalahari Wildreservat in Botswana zum Zweck eines groß angelegten Diamantenabbaus ist ein aktuelles Beispiel

In vielen, insbesondere in demokratischeren Ländern bestehen komplexe formelle Verfahren, um Land zu erwerben und Genehmigungen für die Auskundschaftung, Suche nach Bodenschätzen und deren Abbau erhalten zu können.

In der Realität werden Bergbauprojekte beinah immer gefördert und die Interessen der Bergbauindustrien zählen mehr als der Schutz der lokalen Bevölkerung oder natürlicher Ressourcen in den betroffenen Gebieten. Der Schwerpunkt wirtschaftlicher Reformen in afrikanischen Ländern zeigt sich in Veränderungen in den Politikfeldern Arbeit, Landerwerb, Waldschutz und Umweltschutz. Im allgemeinen zeigt sich in diesen Bereichen eine wachsende Missachtung des Staates und bewaffneter Kräfte gegenüber den Rechten der lokalen Bevölkerung. Bergbau hat außerdem die Ausbeutung und den Abbau von Frauenrechten vorangetrieben. Frauen im ländlichen Raum verlieren zunehmend den Zugang zu Land, wenn Minen angelegt werden. Aussagen von Frauen in Bergbaugebieten in Ghana zeigen, dass Vertreibung und der Verlust von Land die schwerwiegendsten Probleme sind, die ihre Leben belasten.

Die herrschenden Mechanismen des Bodenerwerbs in afrikanischen Ländern geben dem Staat die Macht, mit der Begründung "öffentlicher Zwecke" jederzeit auf den Landbesitz der Bevölkerung zurückgreifen zu können - auch für den Bergbau.

In den meisten Fällen erfahren die Gemeinden von den Projekten erst zum Zeitpunkt ihrer Zwangsräumung, wenn Bulldozer anrollen, die oft von einer starken Polizeipräsenz begleitet werden.

Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, die Berechnung der Kosten und geschätzten Profite von Bergbauprojekten, die von Unternehmen und Regierungen vorgelegt werden, auf die sozialen und ökologischen Kosten hin zu analysieren, wie z.B.: Entwaldung, Vergiftungen und andere Umweltzerstörungen, die Vertreibung von Menschen und deren Verlust von Zugang zu Land, Wasserquellen und Wäldern, der Verlust von Wohnungen, die damit einhergehenden gesundheitlichen Risiken sowie das Ausgesetztsein gegen Gewalt und Misshandlungen, die Verwandlung von Dörfern in kulturell verfallende Slums sowie das Risiko von Unfällen und Katastrophen.

Hier sollen nur zwei von vielen Beispielen für Bergbau als Vertreibungsursache genannt werden: der Goldabbau in Ghana und der illegale Abbau von Diamanten und Coltan1 in der kriegsgebeutelten Demokratischen Republik Kongo.

the gold mining in Ghana and the illegal exploitation of diamonds and coltan in the war torn Democratic Republic of Congo.

Schmutziges Gold aus Ghana

'Kein schmutziges Gold" war der Name einer Verbraucherkampagne, die Earthworks/ Minaral Policy Center und Oxfam-US 2004 starteten. Ihr Ziel war, die Goldindustrie aufzurütteln und die Art und Weise des Abbaus, Kaufs und Verkaufs von Gold zu verändern. Die Verbraucher/innen wurden gebeten, eine schriftliche Verpflichtung auf der Kampagnen-Webseite zu unterzeichnen (www.nodirtygold.org). Die meisten Verbraucher/innen nehmen keine Notiz davon, dass Goldabbau in afrikanischen Ländern mit Menschenrechtsverletzungen, Verhaftungen, Toten und schwerwiegenden Umweltzerstörungen einhergeht.

Im Rahmen der Kampagne gaben Earthworks und Oxfam-US den Bericht Schmutziges Metall: Bergbau, Gemeinschaften und die Umwelt heraus, der ein Licht auf die massive Umweltverschmutzung, die riesigen Tagebauflächen, die zerstörerischen Folgen für die öffentliche Gesundheit, die Gefahren für die Arbeiter/innen und die in vielen Fällen vorliegenden Menschenrechtsverletzungen wirft.

Der Bericht zeigt, dass Bergbau nicht Wohlstand für die Bevölkerung produziert sondern dass ihre natürlichen Ressourcen vielmehr zum Fluch für Länder wie Guinea, Niger, Zambia und Togo werden - ein doppelter Fluch für lokale Gemeinschaften, der nicht nur die Vertreibung, sondern auch den Verlust traditioneller Lebensweisen mit sich bringt.

Im westafrikanischen Ghana, einem Land mit großflächigem Goldabbau, hat die Ghanaische Kommission für Menschenrechte und Verwaltungsgerechtigkeit 2000 einen Bericht herausgegeben, der „überwältigende Beweise für Menschenrechtsverletzungen durch Minenaktivitäten" belegt, „die nicht sporadisch, sondern in einem sehr regelmäßigen Muster in beinah allen Bergbau-Gemeinden zu finden sind". Zwischen 1990 und 1998 wurden über 30,000 Menschen im Tarkwa-Distrikt durch den Goldabbau vertrieben. „Unsere Leute haben Schläge, Haft und Totschlag erlitten, um für die Rechte unserer Gemeinschaft und gegen multinationale Minenunternehmen einzustehen", so Daniel Owusu Koranteng, ein Minenaktivist aus Tarkwa. Eine Untersuchung der ghanaischen Gemeindegruppe WACAM (Wassa Vereinigung von durch Bergbau beeinträchtigte Gemeinden) brachte Beweise zutage, dass Sicherheitspersonal der AGC (Ashanti Goldfields Company) zwischen 1994 und 1997 in Zusammenarbeit mit der ghananischen Polizei und dem Militär drei bergmännische Handwerker getötet hat.2 In einem Fall im Januar 1997 wurden 16 solche Arbeiter von AGC Sicherheitspersonal zusammengeschlagen; andere wurden von Wachhunden angefallen.

Selbst als Arbeitsquelle ist der Bergbau nicht nachhaltig. Der Zerstörung traditioneller Einkommensquellen folgt der Verlust der Mine selbst. Wenn die Goldvorkommen ausgeschöpft sind, verschwinden die Jobs. Die meisten Großprojekte haben eine Lebensdauer von 10 bis 40 Jahren, nach denen die Minenunternehmen ihre Anlagen schließen und an anderer Stelle neue Projekte eröffnen. Schulen, Kliniken und andere Dienstleistungsanbieter, die von den Unternehmen errichtet wurden, verlieren für gewöhnlich ihre finanzielle Grundlage. Dann müssen die Minenarbeiter und die Gemeinden meist allein auskommen. Da Bergbau eine sehr spezialisierte Tätigkeit ist, verfügen die Minenarbeiter in der Regel über wenig andere, für den Arbeitsmarkt attraktive Fähigkeiten.

Mehr als in anderen afrikanischen Ländern ist die ghananische Zivilgesellschaft in den Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen durch die Bergbaufirmen und staatliche Sicherheitskräfte involviert. Zu diesem Zweck hat sie die Nationale Minenkoalition (NCOM) gegründet, die sich mit Gemeinden solidarisiert, die vom Bergbau betroffen sind. Die ghanaische Regierung dagegen hat den Bergbausektor entsprechend den Vorgaben des IWF und der Weltbank liberalisiert und zieht verstärkt Investitionen transnationaler Bergbaugesellschaften an.

Dieses Wachstum ausländischer Investitionen lässt sich nicht in eine wachsende Beschäftigung oder in eine Steigerung der Staatseinnahmen übersetzen.

Gemeinden, die vom Bergbau betroffen sind, sammeln und veröffentlichen seit vielen Jahren Angriffe gegen ihre Würde und Verletzungen ihrer Rechte - insbesondere sozialer und wirtschaftlicher Rechte. 2006 listete die NCOM Vorfälle von Bürgerrechtsverletzungen durch Bergbaufirmen, die Polizei und das Militär auf. Diese umfassen: gewaltsame, illegale Festnahmen und Verhaftungen von Gemeindemitgliedern; Folter von illegal festgehaltenen Gefangenen; Angriffe und Körperverletzungen (teilweise unter Einsatz von Schusswaffen und anderen tödlichen Waffen) gegen junge Menschen, denen vorgeworfen wurde, illegal Bergbau zu betreiben oder eine Übertretung des Minengeländes begangen zu haben; Behinderung der Ausübung des verfassungsgemäßen Bürgerrechts, öffentlich gegen die negativen Folgen des Bergbaus zu protestieren.

"Die repressive Macht des Staates hat zugenommen", stellt die Africa Initiative on Mining, Environment and Society (AIMES) 2004 fest: „Die Haltung und das Verhalten des Staates und seiner Institutionen war feindlich gegenüber seinen Bürger/innen, die entschlossen sind, ihre Interessen und Rechte gegenüber denen transnationaler Firmen zu verteidigen. Es gibt Vorfälle in Afrika, wo wir Zeuge staatlicher Repression durch den Einsatz privater und staatlicher Sicherheitskräfte gegen Gemeinden und Bürger/innen werden, die abweichende Sichtweisen ausdrücken oder legitime Forderungen stellen. Diese Haltung und dieses Verhalten des Staates verhindert Transparenz und Partizipation in Fragen des Rohstoffgewinnungs-Sektors." 2007 gab AIMES eine Warnung gegen "neue" Spieler auf dem afrikanischen Markt heraus: „Ausländisches Direktinvestment (FDI) im afrikanischen Rohstoffgewinnungssektor hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen, insbesondere durch Neuzugänge wie China, Inien sowie die US Beteiligung an der Ölförderung im Golf von Guinea. Das Wachstum hat nicht zu Erfolgen bei der Armutsbekämpfung, dem Umweltschutz und dem Respekt für die Menschenrechte in Afrika beigetragen. Vielmehr ist eine zunehmende Deprivation der Menschen und Regierungen in Afrika als Folge des Bergbauwesens zu verzeichnen. Zentral unter den negativen Auswirkungen sind die zunehmende Verarmung, die Verknappung ökologischer Ressourcen und Existenzgrundlagen, Konflikte, zunehmende geschlechtliche Ungleichheit, Gewalt und Unsicherheit".

Blutdiamanten und Coltan im Kongo

Die meisten Aufrufe, den Diamantenhandel rechtlich zu kontrollieren, stammen von Nichtregierungsorganisationen aus der ganzen Welt und besonders solchen, die sich für die Schaffung von Frieden in Afrika einsetzen. Obwohl eine legitime Diamantenindustrie existiert, kommt dem illegalen Handel und dem legalen Handel für illegale Zwecke verstärkte Aufmerksamkeit zu.

Hier begann die Debatte um „Konfliktdiamanten". Konfliktdiamanten sind Produkte, deren Vermarktungseinnahmen verwendet werden, um die Bürgerkriege in vielen afrikanischen Ländern anzuheizen.

Die Demokratische Republik Kongo (DRC) ist hier keine Ausnahme. Rebellen kontrollieren einige der Gebiete, in denen Diamanten abgebaut werden und sind folglich zu „players" im Minengewerbe geworden, indem sie die Edelsteine abbauen, sie illegal verkaufen und den Ertrag zur Finanzierung ihrer aufständischen Aktivitäten verwenden.

Als Ergebnis des Drucks wurden einige Versuche unternommen, Kontrolle zu etablieren, darunter die Regelungen des UN-Sicherheitsrates über "Blutdiamanten", die Sanktionen gegen UNITA, eine frühere Rebellengruppe in Angola, verhängte, die beschuldigt wurde, Einnahmen aus dem Diamantengeschäft für die Finanzierung des angolanischen Bürgerkrieges zu benutzen.

Obwohl dies nur das Problem in Angola benennt, üben Organisationen, die sich für einen Stopp des Handels mit Konfliktdiamanten einsetzen, Druck aus, damit diese Bedingungen auch auf die DRC angewandt werden.

Ein noch größeres Problem ist die Diamantenindustrie und ihre illegalen Aktivitäten zur Finanzierung des Krieges. Der Großteil des Diamantenabbaus in der DRC erfolgt im Osten des Landes, der für lange Zeit von Splittergruppen der Rebellen mit Unterstützung aus Uganda und Rwanda kontrolliert wurde. Die schrecklichen Folgen dieser Situation sind erzwungene Umsiedelungen der kongolesischen Bevölkerung in den Bergbaugebieten und Menschenrechtsverletzungen. Die Täter sind nicht nur die Rebellengruppen in Nord-Kivu und Süd-Kivu, sondern auch staatliche Kräfte. Die verzeichneten Menschenrechtsverletzungen umfassen das Töten von Zivilist/innen, Misshandlungen verhafteter Menschen, außergesetzliche Hinrichtungen von Gefangenen und die Rekrutierung von Kindern als Kombattant/innen. Soldaten. Alle Seiten wurden beschuldigt, kommerzielle Interessen in diesem Krieg zu haben, indem enorme Ressourcen beteiligt sind.

Menschenrechtsgruppen haben argumentiert, dass einige multinationale Unternehmen aus reichen Ländern von diesem Krieg profitiert haben und „Elite-Netzwerke" wichtiger politischer, militärischer und ökonomischer Elite entwickelt haben, um Kongos natürliche Ressourcen auszubeuten. Eine Zahl von Unternehmen und westlichen Regierungen drängte ein UN-Expertenpanel, in einem Bericht Details über zwielichtige Geschäftsabwicklungen auszusparen (Oktober 2003).

Wie The Independent (London) berichtet:

"Letzten Oktober [2002], beschuldigte das panel 85 Unternehmen, durch ihre Geschäftsaktivitäten OECD-Standards zu unterlaufen. Vergewaltigung, Totschlag, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen folgten dem Gedränge um die Ausbeutung der Ressourcen in Kongo nach dem Ausbruch des Krieges in 1998. Beispielsweise hatte der Handel mit Coltan, einem seltenen Mineral, das in der Herstellung von Computern und Mobiltelefonen eingesetzt wird, soziale Auswirkungen „vergleichbar mit Sklaverei", so das Panel. Aber keine westliche Regierung hatte die Unternehmen untersucht, die im Verdacht standen, an solchen Misshandlungen beteiligt zu sein. Einige, darunter die Regierungen des UK, der USA, Belgiens und Deutschlands, setzten sich durch Lobbyarbeit dafür ein, dass die Namen ihrer Unternehmen von der „Schandliste" gestrichen wurden. Einige Unternehmen gaben legitime Erklärungen für ihre wirtschaftlichen Unternehmungen im Kongo ab oder zogen sich zurück. Andere lassen Anwälte gegen die Befunde des Panels ins Feld ziehen, wobei sie oft auf Fehler in früheren Berichten hinweisen, um dessen Unzuverlässigkeit zu beweisen.

Als die Vereinten Nationen den Bericht schließlich Ende Oktober 2003 veröffentlichte, listeten sie etwa 125 Unternehmen und Einzelpersonen auf, die in einem früheren Bericht des Panels als direkte oder indirekte Profiteure des Kriegs ind er DRC erwähnt worden waren. Andere Unternehmen, so der Bericht, stünden vielleicht nicht direkt mit dem Konflikt in Verbindung, hätten aber indirekte Beziehungen zu dessen wichtigsten Protagonisten. Solche Unternehmen profitierten von den chaotischen Zuständen in der DRC. So erhielten sie beispielsweise von der DRC Konzessionen oder Verträge zu wesentlich günstigeren Bedingungen, als sie sie in Ländern mit Frieden und Stabilität erhalten hätten.

Jan Van Criekinge

Quellen:

  1. Für weitere Informationen über NCOM-Ghana, wenden Sie sich an Environment Unit, Third World Network Africa, P.O. Box AN 19452, Accra.Tel:+233-21-500419/503669/511189; Fax:+233-21-511188; email: environment@twnafrica.org TWN Africa ist das Sekretariat der NCOM.
  2. Statement der AIMES (Africa Initiative on Mining, Environment and Society) zum Bergbau: http://www.twnafrica.org/aimes.asp
  3. Mining Watch Canada http://www.miningwatch.ca/index.php?/Newsletter_16/AIMES_stmt_2004
  4. 'Social and environmental accountability issues in foreign direct investment flows to Africa: a focus on the mining sector', appeared in African Agenda, issue 15, 1997. Africa Secretariat of Third World Network http://www.displacement.net/ http://www.forcedmigration.org/guides/fmo022/fmo022-1.htm
  5. Report of the Panel of Experts on the Illegal Exploitation of Natural Resources and Other Forms of Wealth of the Democratic Republic of the Congo ist ein Bericht (in PDF-Format) des UN Sicherheitsrats über die illegale Ausbeutung durch Länder und Firmen (12 April 2001)
  6. The Geopolitical Stakes of the International Mining Companies in the Democratic Republic of Congo, von Pierre Baracyetse, einem Bergbauingenieur, Dezember 1999. http://www.inshuti.org/minierea.htm
  7. Declan Walsh, UN cuts details of Western profiteers from Congo report, The Independent, 27 October 2003
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