Geschlechterverhältnisse und Militarismus

Seminar organisiert von New Profile/WRI, August 2007, Israel

Einleitung

Es wird heute mehr und mehr klar, dass in sich konsistenter Feminismus nicht ohne eine vernünftige Analyse von Militarismus auskommen kann, und dass in sich konsistenter Antimilitarismus nicht ohne ein tiefes Verständnis von Geschlechterverhältnissen in Theorie und Praxis auskommen kann.

Auf der einen Seite stützen sich Patriarchat und Männerdominanz sehr stark auf Militarismus, auf die Art und Weise wie Militarismus und Krieg das formen, was als Sicherheit bezeichnet wird, was als Teil des öffentlichen, und nicht des privaten Raumes angesehen wird, und ebenso auf die permanenten Gefahren, die von Waffenarsenalen und Krieg geschaffen werden. Auf der anderen Seite ist die Manipulierung des Verständnisses von Männlichkeit und Weiblichkeit zentral bei der Motivierung von Menschen für die Unterstützung von Krieg in Wort und Tat, und dafür, sich an Krieg zu beteiligen. Ein Bewusstsein über Geschlechterverhältnisse ist daher unabdinglich, um effektiv gegen Krieg und Ungerechtigkeit Widerstand zu leisten. Die anhaltende Marginalisierung von Frauen in Kriegsdienstverweigerungsbewegungen überall in der Welt gibt ein lebendiges Beispiel wie wichtig es ist, Bewusstsein zu Geschlechterverhältnissen unter uns als antimilitaristischen AktivistInnen zu fördern.

Das Seminar Geschlechterverhältnisse und Militarismus, das im August 2007 in Israel stattfinden wird, wird AktivistInnen und AkademikerInnen aus der ganzen Welt zusammenbringen, um die Verbindungen zwischen Militarismus und Geschlechterverhältnissen zu studieren. Das Seminar wird gemeinsam von War Resisters' International und der israelischen feministisch-antimilitaristischen Bewegung New Profile organisiert. Dieses Projekt baut auf eine lange Geschichte der Arbeit zu Fragen von Geschlecht und Militarismus durch beide Organisationen auf, und wird die lange andauernde Kooperation zwischen beiden Organisationen vertiefen.

Seit 1976 hat die WRI mehrere internationale Frauenkonferenzen organisiert, allein und in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen[1]. Seit 1986 ist die Frauenarbeitsgruppe der WRI ein Ort der Diskussion und der gegenseitigen Unterstützung für Frauen innerhalb der WRI, und sie veröffentlicht einen unregelmäßig erscheinenden Rundbrief. 1998 verabschiedete die WRI-Dreijahreskonferenz einen Strategieplan, der als eines der übergreifenden Ziele der WRI die Eingliederung einer feministischen Perspektive in die gesamte Arbeit der WRI vorsieht[2 ]. Konsequenterweise ist eine Kritik von militarisierter Männlichkeit integraler Bestandteil der Arbeit der WRI zu Kriegsdienstverweigerung.

Die israelische Gruppe New Profile wurde 1998 gegründet. Sie erwuchs aus der Arbeit zweier feministischer Studiengruppen, die die Situation von Frauen in der hochmilitarisierten israelischen Gesellschaft diskutierten. Die Arbeit von New Profile hat sich auf die Verbindungen zwischen Geschlechterverhältnissen und Militarismus konzentriert. Da Israel eines der nur zwei Länder ist, die die Wehrpflicht für Frauen praktizieren, beinhaltete dies eine spezielle Aufmerksamkeit für die Verweigerung von Frauen: von der Veröffentlichung eines Handbuches für kriegsdienstverweigernde Frauen 1999, über das Projekt Women Refuse 2002, durch die Dokumentierung der Erfahrungen von kriegsdienstverweigernden Frauen seit 2003, und bis zur speziellen Kampagne zur Unterstützung der feministischen Verweigererin Idan Halili 2005/06. Es ist unnötig zu betonen, dass alle anderen Aspekte der Arbeit von New Profile - zu Militarismus in der Bildung und der Rekrutierung von Kindern, zur Unterstützung und Beratung von Menschen, die den Kriegsdienst vermeiden, usw. - auf einer Geschlechteranalyse der militarisierten israelischen Gesellschaft beruhen.

Die Zusammenarbeit zwischen der WRI und New Profile, die auf das Jahr 2001 zurückgeht, konzentrierte sich zunächst auf die Frage der Kriegsdienstverweigerung[3]. Sie beinhaltete ein gemeinsames Seminar zur Kriegsdienstverweigerung in Tel Aviv 2003. Seitdem haben israelische kriegsdienstverweigernde Frauen an den jährlichen Veranstaltungen der WRI zum Internationalen Tag zur Kriegsdienstverweigerung teilgenommen. Eine israelische KDVerin und New Profile-Aktivistin war auch Teil der WRI-Delegation zum Weltsozialforum in Nairobi zu Beginn diesen Jahres. Derzeit arbeiten beide Organisationen gemeinsam an der Produktion einer Anthologie zu kriegsdienstverweigernden Frauen, die beim Seminar in Israel vorgestellt werden soll.

Das Seminar

Programm

Das unten stehende Seminarprogramm ist noch nicht endgültig. Einige Vortrags/Workshopthemen können sich noch ändern, einige RednerInnen stehen noch nicht fest, und nicht alle der unten aufgeführten RednerInnen haben bereits zugesagt. Dennoch gibt dieses Programm einen guten Überblick über die Struktur und Reichweite des Seminars.

Bitte beachtet auch, dass es eine alte Tradition bei WRI-Seminaren ist, nicht alle Workshops vorher zu planen, sondern Raum zu lassen für spontane Initiativen der SeminarteilnehmerInnen.

Die Seminarsprache ist englisch!































































































































































































1. Tag - Donnerstag, 23. August



16:00-18:30



Anmeldung und Eröffnung



19:00-20:30



Plenum: Geschlecht und die Militarisierung der Kultur weltweit




Diese Session präsentiert eine Reihe von kulturellen und Geschlechterkontexten, in den Militarisierung stattfindet. Dabei geht es darum, den TeilnehmerInnen einen Überblick über die Bandbreite der möglichen Fragen zu geben, die das Thema Geschlechterverhältnisse und Militarismus aufwerfen kann.





RednerInnen:





Ay_e Gül Alt[dotlessi]nay (Sabanci Universität, Türkei)




Chesterfield Samba (Gays And Lesbians of Zimbabwe, WRI-Rat)





Diana Dolev, (New Profile, Israel)




Adriana Castano Roman (Red Juvenil, Kolumbien, WRI-Rat)



2. Tag - Freitag, 24. August



09.00-10.30



Plenum: Antimilitarismus und Geschlechteranalyse




Dieses Plenum stellt die Verbindungen her zwischen Antimilitarismus und Geschlechteranalyse. Auf der einen Seite wird es die Bedeutung aufzeigen, die Militarismus bei der Schaffung und Erhaltung männlicher Dominanz in der Gesellschaft hat, auf der anderen Seite wird es die bedeutende Rolle der Geschlechteranalyse bei jedem Versuch, Militarismus zu beschreiben, darstellen.





Themen:





Das "Old boys' Netzwerk" (Yana Knopov - Coalition of Women for a Just Peace, Israel)





"Sei ein Mann": Dienstbereitschaft und Männlichkeit (Andreas Speck - WRI)





Empowering von Frauen unter militärischer Besatzung (Shireen Khamis, Palästina)




Wessen Sicherheit ist es? (N.N. - New Profile, Israel)



11.00-12.30



Workshops





Mütter für Frieden und Mütter für Krieg (Adina Aviram - New Profile, Israel)





Wirtschaftliche Prioritäten neu definieren und entmilitarisieren (N.N.)




Geschlechterfragen in "UN-'Friedensmissionen'" (Howard Clark - War Resisters' International)





Frauen als Befehlshaberinnen von Armeen (Kai-Uwe Dosch, DFG-VK, Deutschland)


14:00-15:30



Plenum: Militarisierte Männlichkeiten und Weiblichkeiten





Dieses Plenum betrachtet die wechselseitigen Beziehungen zwischen gesellschaftlichen Erwartungen an Weiblichkeiten und Männlichkeiten und verschiedenen Formen der Militarisierung der Gesellschaft.





Themen:




Militarismus und Männlichkeiten (Chen Nardi - Movement for New Masculinity, Israel)




Militarisierte Weiblichkeiten (Orit Kamir, Hebrew University, Israel)





Militarismus und Heterosexismus (Mehmet Tarhan, Türkei).


16:00-17:30



Workshops





Homophobia (Chesterfield Samba - GALZ, WRI-Rat)





Frauen in einer militarisierten Gesellschaft (Hanna Aviram - New Profile)





Männer in einer militarisierten Gesellschaft (Lotahn Raz - New Profile)




Vergewaltigung - Kriegswaffe und Mittel der Propaganda des Hasses (Zorica Trifunovic - QPSW, Serbien)



19:00-Nacht



Gesellige Veranstaltung



3. Tag - Samstag, 25. August



09:00-10:30


Plenum: Geschlecht, Sexualität und Militärdienst





Dieses Plenum betrachtet die Realität von Geschlecht und Sexualität im Militär, sowohl mit Wehrpflicht, als auch basierend auf ,,freiwilliger_g Rekrutierung.




Themen:





Sexuelle Belästigung von Frauen im Militär (Gal Haramat, Israel)




Schwule und Lesben im Militär (N.N.)




Misshandlung im Militär - Geschlechteraspekte (Olga Miriasova - Autonomous Action, Russland)





Frauen im Militär (Orna Sason-Levy, Bar-Ilan University, Israel)



11.00-12.30



Workshops





Schwul/lesbisch/feministisch-antimilitaristische Antwort auf Diskriminierung im und Ausschluss aus dem Militär (Tali Lerner - New Profile, Israel)




Menschenrechte im Militär und eine antimilitaristische Position (N.N. - War Resisters_f League, USA)




Häusliche Gewalt nach dem Militärdienst (Howard Clark - War Resisters' International)



14:00-15:30



Plenum: Geschlechteranalyse in unserer Bewegungsarbeit ernst nehmen


Themen:



Geschlechteranalyse in gewaltfreiem Training (N.N. - International Fellolwship of Reconciliation)





Geschlechterverhältnisse in der Verweigerungsbewegung (Mirjam Hadar - New Profile, Israel)





Palästinensische Frauen und politische Bewegungen in Israel (Abir Kobti, Coalition of Women for a Just Peace, Israel)





Frauen organisieren sich selbst (Ferda Ülker, Türkei)



16.00-17.30


Workshops





Mit Geschlechterfragen im gewaltfreiem Training arbeiten (N.N. - International Fellowship of Reconciliation und Joanne Sheehan, War Resisters League, USA, WRI-Rat)





Die KDV-Bewegung - eine Geschlechterperspektive (N.N.)





Direkte gewaltfreie Aktion - eine Geschlechterperspektive (Stellan Vinthagen - WRI-Rat, Schweden)




Frauen organisieren sich selbst (Ruth Hiller - New Profile, Israel, Ferda Ülker und Hilal Demir, Türkei)





Geschlecht, Sexualität, kulturübergreifende Sensibilität in transnationaler gewaltfreier Aktion (Christine Schweitzer - Institut für Friedensarbeit und Gewaltfreie Konfliktaustragung, Jorgen Johansen - WRI-Rat, Schweden)


19:00-21:30



Plenum: Frauen verweigern (einschliesslich der öffentlichen Vorstellung der Anthologie kriegsdienstverweigernder Frauen)





Rednerinnen: Majken Sorensen (WRI-Frauenarbeitsgruppe, Mitherausgeberin)





Hilal Demir & Ferda Ülker (KDVerinnen aus der Türkei)




Idan Halili (Israelische Verweigererin)





Auszüge aus den Geschichten anderer verweigernder Frauen


4. Tag - Sonntag, 26. August



09:00-12.30



Zusammenfassung der während des Seminares aufgegriffenen Themen und Koordination von zukünftigen Aktionen.




Diese Session wird eine Mischung aus Plenums- und Kleingruppendiskussionen sein, um Erfahrungen und Eindrücke der vorangegangenen Tage auszutauschen, und mögliche gemeinsamen zukünftigen Aktionen zu identifizieren.


13:00-14:30



Auswertung, Zusammenfassung, und Abschlussveranstaltung


Anmerkungen

[1]Die WRI organisierte eine erste internationale Frauenkonferenz 1976 in Frankreich. Ein zweite Konferenz fand 1980 in Schottland statt, eine dritte 1987 in Irland, und eine vierte in Bangkok Ende 1992. Die WRI organisierte gemeinsam mit dem Women's Peacemaker Program von IFOR eine Konsultation zu Geschlecht und gewaltfreies Training, die 2004 in Thailand stattfand.

[2] http://wri-irg.org/statemnt/strat.htm, Item H. "Gender perspective integrated into WRI's antimilitarism work, drawn from different cultures and traditions"

[3] http://wri-irg.org/pubs/pfp01-de.htm Tag der Gefangenen für den Frieden 2001; http://wri-irg.org/pubs/br58-de.htm 15 Mai 2003: Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung.