Türkei

Polen Ünlü

Am 20. Juli wurden bei einem Überfall auf Zivilisten in der südtürkischen Stadt Suruç Dutzende Menschen getötet. Kriegsdienstverweigerer Alper Sapan und Polen Ünlü waren unter ihnen. Das WIR-Mitglied Vicdani Ret Derneği hat eine Erklärung veröffentlicht, die auch die Verweigerungserklärungen von Polen und Alper beinhalten (siehe unten):

Nach einem regionalen Treffen von Kriegsdienstverweigerern und Antikriegsbewegungen aus der östlichen Mittelmeerregion Ende Januar wurde der zypriotische KDVer Murat Kanatlı, der das Treffen mitorganisiert hatte, für zehn Tage in Haft genommen. Solidaritätsaktionen fanden in der Türkei, Griechenland und Israel (durch drusisch-palästinensische Verweigerer) statt. In Athen wurden AktivistInnen wegen ihres Protests an der türkischen Botschaft vorübergehend festgenommen. Hier kannst Du ein Video der AktivistInnen in Istanbul ansehen.

Albert Beale

Kriegsdienstverweigerung wird allgemein im politischen Diskurs wenig erwähnt, geschweige denn als Thema für eine Ausstellung.

Darum war es ermutigend, -und für London gewiss einmalig- , dass Filmpro – eine “von Menschen mit Behinderung geführte Filmagentur” – im Mai Kriegsdienstverweigerung (insbesondere Kriegsdienstverweigerung in der Türkei) zum Thema einer zweiwöchigen Ausstellung in einer Galerie im Osten Londons machte (http://www.filmpro.net/conscription)

Liebe Freunde,

mein Name ist Hülya Üçpınar. Ich bin Menschenrechtsanwältin in der Türkei. Ich bin gerade von einem Austausch zu Gewaltfreiheitstraining unter der Leitung von War Resisters' International zurückgekommen. Diese Veranstaltung brachte mir den eindeutigen Beitrag des WRI zu den Friedens- und Antimilitarismus-Bewegungen ins Gedächtnis zurück.

Grundsätzlich sind die War Resisters' International (WRI) ein Netzwerk. Wir sind ein Kollektiv gleichgesinnter Gruppen, die alle gegen Militarismus und Kriegstreiberei in unseren eigenen Ländern kämpfen. Unterstützt von 2 Angestellten geben WRI-Mitglieder auf der ganzen Welt sich gegenseitig lebenswichtige Solidarität und Ermutigung.

Bericht an die UN-Menschenrechtskommission, 104. Sitzung

London, Dezember 2011

Zusammenfassung

War Resisters‘ International (WRI) ist besorgt über die schweren Menschenrechtsverletzungen gegenüber Kriegsdienstverweigerern und AntimilitaristInnen in der Türkei. Die wesentlichsten Punkte sind:

Die Türkei erkennt trotz Wehrpflicht das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an. Kriegsdienstverweigerer werden wiederholt verurteilt, wegen ihrer Weigerung, Militärdienst abzuleisten. Sie werden wegen Desertion, Ungehorsam oder Gehorsamsverweigerung verurteilt. Dies stellt eine Verletzung der Artikel 18 und 14 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte dar. Im Gefängnis sind Kriegsdienstverweigerer oft Misshandlungen und schlechter Behandlung sowohl von der Gefängnisverwaltung als auch von anderen Gefangenen ausgesetzt. Auch nach ihrer Freilassung aus dem Gefängnis leben Kriegsdienstverweigerer oft in einem rechtlichen Schwebezustand, eine Situation, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als „zivilen Tod“ bezeichnet. Sie können nicht heiraten, ihre Kinder nicht registrieren lassen, nicht legal arbeiten, keinen Ausweis bekommen oder sich bezüglich irgend einer anderen Sache an die Behörden wenden. Das gleiche trifft auch auf diejenigen zu, die ihre Kriegsdienstverweigerung erklärt haben, aber nicht verhaftet wurden. Kriegsdienstverweigerer und Pazifisten sehen sich oft mit Anklagen wegen „Distanzierung des Volkes vom Militär“ (Artikel 318 des Türkischen Strafgesetzbuches) konfrontiert, weil sie das Militär kritisiert haben oder über die Kriegsdienstverweigerung sprachen. Das verletzt Artikel 19 des Internationalen Paktes.

• Serdar M. Değirmencioğlu

Schulen bieten dem Militarismus einen fruchtbaren Nährboden: Dort gibt es ein zum Bleiben verpflichtetes Publikum, ein umfassendes Mandat, eine hierarchische Struktur und eine deutliches Machtgefälle zwischen Schülern und Lehrern. Schulen können sehr leicht in paramilitärische Einrichtungen verwandelt werden.

Nach einem Artikel in Today’s Zaman sind in der Türkei Gesetzesänderungen zur Frage der Kriegsdienstverweigerung vorgesehen. Dies folgt einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall von Osman Murat Ülke von Januar 2006. Die geplanten Änderungen sind aber weit davon entfernt, die Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen.

Unterstützen Sie die Arbeit der War Resisters' International für Gewaltfreiheit in der Türkei

Die War Resisters' International hat seit den frühen 90er Jahren mit türkischen KriegsgegnerInnen zusammengearbeitet.

Artikel 318:

(1) Aktivitäten, Aufforderungen und Empfehlungen, die das Volk vom Militärdienst distanzieren oder entsprechende Propaganda werden mit sechs Monaten bis zu zwei Jahren Haftstrafe bestraft.

(2) Falls diese Straftat durch Medien oder Presse begangen wurde, wird die Strafzumessung um die Hälfte erhöht.

Die nicht wirklich geheime Waffe des türkischen Militärs gegen AntimilitaristInnen

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