Gewaltfreier Widerstand gegen die Kriegspläne der USA in Gangjeon, Jeju

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Von Angie Zelter

Fünf Jahre lang haben die Dorfbewohner von Gangjeong auf der Insel Jeju in Südkorea sich gewaltfrei und tapfer gegen den Bau eines Flottenstützpunktes auf ihrem Land gewehrt. Der geplante Flottenstützpunkt der ROK (Streitkräfte Südkoreas) würde 50 Hektar erstklassigen Bauernlandes beanspruchen, für eine unbegrenzte Nutzung durch Flotte und Militär der Vereinigten Staaten verfügbar sein und würde daz verwendet werden, Flugzeugträger, Atom-U-Boote und AEGIS-Kriegsschiffe zu beherbergen, die Teil des Anti-Raketen-Verteidigungssystems (MD) der USA sind. Es ist auch wahrscheinlich, dass der Stützpunkt im Konflikt mit China verwendet würde, den die USA planen und auf den sie sich offen vorbereiten. Das US-Weltraumkommando hat in einer Computersimulation einen Erstschlagsangriff auf China durchgespielt (unter den Voraussetzungen des Jahres 2016) und das MD (in Wirklichkeit ein Raketenangriffssystem) ist ein Schlüsselteil der Erstschlagsstrategie der USA. MD-Systeme sind nachgewiesenermaßen auch Anti-Satelliten-Waffen, und sie befördern einen neuen Rüstungswettlauf mit Russland und China.

Das Pentagon kreist nun Russland (das die weltgrößten Vorräte an Erdgas und bedeutende Ölvorräte besitzt) und China (eine aufstrebende Wirtschaftsmacht) mit MD-Systemen ein. Die USA wissen, dass sie wirtschaftlich nicht mit China konkurrieren können, aber China importiert mehr als 60 % seines Öls per Schiff. Wenn das Pentagon die Fähigkeit Chinas, diese lebenswichtigen Ressourcen zu transportieren, abwürgen könnte, würde es die Schlüssel zu Chinas wirtschaftlicher Maschine in der Hand halten. Der geplante Flottenstützpunkt auf der Insel Jeju befindet sich nur 300 Meilen von der Küste Chinas entfernt und würde ein strategischer Hafen für Aegis-Zerstörer und andere Kriegsschiffe werden; er würde auch von Atom-U-Booten genutzt werden. Die USA haben nun mehr als 1000 Militärstützpunkte in der ganzen Welt (davon 82 allein in Korea) – China hat keine signifikanten Militärstützpunkte außerhalb seiner Grenzen. Der Bau des Flottenstützpunktes in Gangjeon dient nur weiteren militärischen Spannungen und schafft ein Hindernis für den Weltfrieden in der Region Ostasien.

Der Stützpunkt wird weit mehr Probleme schaffen, als er löst, da China Südkoreas wichtigster Handelspartner ist. Doch die USA versuchen, dieses Muster zu ändern und haben gerade mit Südkorea ein Freihandelsabkommen unterzeichnet, trotz größeren Widerstandes aus der südkoreanischen Zivilgesellschaft.

Das letzte Mal, dass sich auf Jeju ein Militärstützpunkt befand, 1948, wurden mehr als 30.000 Menschen (ein Neuntel der Bevölkerung) in einem Akt des Völkermordes getötet, der als Sasam bekannt wurde. Sie wurden von der südkoreanischen Regierung unter US-Militärgesetzgebung getötet, 84 Dörfer wurden bis auf den Grund zerstört und die Politik der verbrannten Erde hinterließ Tausende von Flüchtlingen. Den Menschen wurde bis 2006 nicht einmal erlaubt, offen über dieses Trauma zu reden, dann entschuldigte sich der damalige Präsident Roh Moo-Hyun offiziell für das Massaker und bestimmte Jeju zu einer “Insel des Weltfriedens“. Man kann sich vorstellen, wie schrecklich das Gefühl war, betrogen worden zu sein, als er nur 2 Jahre später zustimmte, einen Flottenstützpunkt auf Jeju zu bauen.

Nicht nur diejenigen, die ein Ende des Krieges wünschen, sind besorgt über den Bau des Flottenstützpunktes, sondern auch Umweltschützer. Die Insel Jeju ist ein Welt-Biosphären-Reservat und das Dorf Gangjeon ist umgeben von nicht weniger als drei Gebieten mit dem Status eines Welt-Naturerbes der UNESCO und neun UNESCO-Geo-Parks; es wurde als eines der „neuen Sieben Weltwunder der Natur“ bezeichnet.

Das Meer vor Gangjeong ist das sauberste und schönste auf Jeju und ist das einzige von der UNESCO bezeichnete Biotop der Weichkoralle und ein Gebiet der Indo-Pazifischen Flaschennasendelphine (einer laut IUCN-Liste bedrohten Art) ebenso wie der Rotfüßigen Krabbe (einer durch Korea als bedroht bezeichneten Art). Das Gebiet um Gangjeong wurde als eine „Absolute Erhaltungszone“ ausgewiesen, um es zu schützen, aber das Militär ignoriert einfach alle diese kulturellen und Umwelt-Schutzmaßnahmen.

Der Gureombi-Felsen, wo viele der Proteste gegen den Flottenstützpunkt stattfinden, ist nicht nur aus Umweltgründen sensibel, sondern auch ein alter Platz des Gebetes. Er ist der einzige glatte vulkanische Frischwasserfelsen in Korea, und man nimmt an, dass die Frischwasserquellen unter dem Felsen die Quelle des Gangjeongflusses sind, der 70 % des Trinkwassers für die südliche Hälfte der Insel liefert. Die ersten Sprengungen des Felsens durch die Sprenggesellschaften Samsung und Daelim führten zur Verunreinigung dieser Wasserquelle, und man hat Sorge, dass das Trinkwasser übel in Mitleidenschaft gezogen wird.

Der Widerstand der Dorfbewohner und ihrer Unterstützer war bemerkenswert, trotz wiederholter Festnahmen, Verhaftungen und hoher Geldstrafen. Die Behauptung des südkoreanischen Militärs, der Prozess für den Bau des Stützpunktes sei von einer demokratischen Abstimmung gutgeheißen worden, wurde als Lüge entlarvt. Nur 87 Personen, von denen einige bestochen waren (von 1800 Einwohnern) hatten die Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben, und das nur zustimmend. Als das Dorf einen neuen Bürgermeister wählte und seine eigenen Abstimmung abhielt, die in fairer Weise die gesamte Gemeinschaft einschloss und in einer richtigen geheimen Abstimmung stattfand, stimmten 94 Prozent aller Dorfbewohner gegen den Militärstützpunkt – doch die Regierung und das Militär lehnten es ab, diese Ergebnisse anzuerkennen. Der demokratisch gewählte Bürgermeister von Gangjeon, der das Votum von 94 Prozent überwachte, wurde vor kurzem aus einem Gefängnisaufenthalt von 3 Monaten entlassen, weil er sich für die Rechte seiner Mitbewohner eingesetzt hatte.

Die Dorfbewohner haben Pressekonferenzen organisiert, sich im Inselrat in Jeju-Stadt und in der Zentralregierung in Seoul für ihre Belange eingesetzt, friedliche Demonstrationen und Mahnwachen organisiert und erlitten im Gegenzug polizeiliche Verfolgung, körperliche Angriffe, korrupte Bestechung, die ihre Gemeinschaft gespalten hat, und illegale Maßnahmen, die ihnen ihre alten Rechte genommen haben, an ihren heiligen Felsen zu beten und den örtlichen öffentlichen Hafen zu nutzen.

Als die Zerstörungsarbeit fortschritt, entwickelte sich der gewaltfreie Widerstand zu täglichen Blockaden mit etwa ein- bis zweihundert Menschen, die regelmäßig teilnahmen. Ihre Proteste sind friedlich und gewaltfrei, aber die gegen sie ausgeübte Macht wird immer gewalttätiger, besonders im Zuge der zum 11. April angesetzten allgemeinen Wahlen. Die Regierung von Lee Myung-Bak erzwingt die Zerstörung so schnell wie möglich, so dass die Lage unumkehrbar wird. Seit Januar 2010 sind über 400 Personen festgenommen worden, und diese Zahl geht nun schnell in die Höhe, seit am 7. März die Sprengung des Gureombi-Felsens begann. In unheilvoller Weise sind mehr als anderthalb tausend Bereitschaftspolizisten vom Festland stationiert worden – etwas, das seit den Tagen des Massakers von 1948 auf der Insel nicht mehr geschehen war. Die Protestierer besetzen nun friedlich den Platz, um zu versuchen, die Zerstörung zu unterbrechen, sie brechen die Zäune nieder und schneiden durch den Stacheldraht, nehmen Boote und Kayaks über das Meer, um einen Zugang zu dem heiligen Felsen zu erlangen – und jede Aktion trifft auf mehr und mehr Gewalt. Der Mut dieser Protestierer ist bemerkenswert, da sie sich andauernder Verfolgung und Gewalt von Seiten der Polizei und der Sicherheitskräfte der Firmen Daelim und Samsung gegenüber sehen. Menschen sind geschlagen worden, es wurden ihnen die Zähne ausgeschlagen, und sie erlitten Gehirnerschütterungen und Knochenbrüche.
Keiner der Fälle, die gegen diese Angriffe vor Gericht eingereicht wurden, ist zugelassen worden. Auch die Absperrung von Straßen, die Schließung des öffentlichen Hafens, der Diebstahl von öffentlichen Kayaks durch die Wasserpolizei und die illegale Ausradierung der Umweltschutzauflagen war kein Gegenstand richterlicher Untersuchung.
Der Widerstand geht jedoch weiter. Beispielsweise durchbrachen am frühen Morgen des 3. April fünf Pastoren den Zaun und wurden festgenommen, nachdem sie den militärischen Bauplatz betreten hatten, um zu versuchen, die Sprengung zu stoppen.

Dieser tapfere Widerstand braucht die Unterstützung von friedensliebenden Menschen in der ganzen Welt. Es wird am 9. Mai vor den koreanischen Botschaften in London und Paris eine Demonstration geben. Wenn Sie Ähnliches in Ihrem eigenen Land organisieren können, lassen Sie mich das wissen.

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